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Das Egon Schiele Art Centrum stellt in diesem Jahr den estnischen Expressionismus vor

Das Egon Schiele Art Centrum bereitete für diese Saison in einer Weltpremiere eine umfangreiche Ausstellung "Der estnische Expressionismus (1900-1930)" vor.

Eduard Wiiralt - Naine Punases Seelikus, Estnischer Expressionismus (1900-1930), Egon Schiele Art Centrum 2005 Am Anfang war eine Naturkatastrophe – im August 2002 wurde die Tschechische Republik von einem fünfhundertjährigen Hochwasser überflutet, verschont blieb nicht einmal Český Krumlov. Aus aller Welt kam jedoch Hilfe unserem Land, unserer Stadt sowie dem Egon Schiele Art Centrum. Und damals war es nicht möglich, die Hilfe der Estnischen Republik – eines Landes mit anderthalb Millionen Einwohnern, das nach Český Krumlov einen riesigen Betrag von zwei Millionen Kronen schickte, nicht zu beachten. Als das Wasser zurücktrat, gehörte es sich, sich bei denjenigen zu bedanken, die so großzügig den Denkmälern und der Kultur von Český Krumlov geholfen haben, unter anderen bei Estland, dessen Hauptstadt Tallinn gleich wie Český Krumlov in der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO eingetragen ist und das die Greuel und Machtlosigkeit bei Überschwemmungen aus eigener jüngster Erfahrung kennt. Wir haben die Vorstellung der interessanten estnischen Kunst in der Tschechischen Republik überlegt; der primäre Impuls überging später in die Faszination durch die spezifische Epoche der estnischen Kulturgeschichte – die Zeit des anfangenden 20. Jahrhunderts. Wir haben uns auf die mit den Erfahrungen aus dem Ausland mehr oder weniger verbundenen und im Geiste des Expressionismus schaffenden Künstler konzentriert. Abgesehen von den persönlichen Schicksalen, wurden wir von der Geschlossenheit, Überzeitlichkeit und Hoffnung in den Werken der Künstler angesprochen, wie Eduard Wiiralt, Nikolai Triik, Ado Vabbe, Konrad Mägi, Märt Laarman, Jaan Vahtra, Aleksander Tassa und Anton Starkopf waren.

Der Besuch des Kulturministers der Estnischen Republik, Herrn Urmas Paeto (in der Mitte), im Egon Schiele Art Centrum, Bildsquelle: Egon Schiele Art Centrum In die Tschechische Republik haben wir eine umfangreiche Ausstellung mit etwa zweihundert Originalen gebracht. Es handelt sich um die größte Ausstellung der estnischen Kunst in der neuzeitlichen Geschichte des Landes, die ins Ausland ausgeführt wurde. Dieses Projekt konnten wir nur dank der großzügigen Hilfe und Unterstützung der Botschaft der Estnischen Republik in Prag, des Kulturministeriums der Estnischen Republik, des Kulturfonds der Estnischen Republik, des Außenministeriums der Tschechischen Republik und der Stadt Český Krumlov und dank der entgegenkommenden Zusammenarbeit des Museums der Künste in Tartu, des Museums der Künste in Tallinn, des Estnischen literarischen Museums sowie der Privatsammler realisieren.

Mein aufrichtiger Dank gehört allen, die uneigennützig bei dem Projekt geholfen haben, und allen, die zum Projekt finanziell beigetragen haben.

Völlig außerordentliche Bewunderung und Dank möchte ich jedoch der Botschafterin der Estnischen Republik in der Tschechischen Republik Frau Eve-Külli Kala aussprechen, ohne deren Hilfe, Begeisterung und Energie das Projekt nie hätte realisiert werden können.

Hana Jirmusová, Direktorin des Egon Schiele Art Centrums


Eduard Wiiralt: Bajaderen, 1930, Aquatinta, vernis mou, 34,6 x 26,2 cm, Tartu Art Museum, Bildsquelle: Egon Schiele Art Centrum Überall in Europa, früher sowie in dieser Zeit, vereinten sich die Kulturrepräsentanten in den die nationalen Ideen und die nationale Kultur unterstützenden Vereinen. Im estnischen Tartu gründeten zwei junge Männer, die gerade die Schule abgeschlossen hatten, Friedebert Tuglas und Gustav Suits, eine literarische Gruppe genannt Noor-Eesti (Junges Estland). Ihre Ideen formulierten sie im Jahr 1905 im ersten Album der Gruppe, genannt ebenfalls Noor-Eesti, im Artikel Aspirationen junger Menschen. Es war ebenfalls die Zeit der ersten großen revolutionären Bewegung in Russland. Das Motto der Jungen Menschen war der Aufruf "Bleiben wir Esten, aber werden wir auch Europäer". Die jungen Esten wollten vor allem "die Ziele und Formen suchen, zu denen wir mit dem Geist und mit natürlichen Bedürfnissen unseres Volkes, aber auch durch die europäische Kultur angezogen werden". Junge Schriftsteller pflegten ein bewusstes ästhetisches Programm; sie kannten zeitgenössische Haupttrends der europäischen Literatur und versuchten die ästhetischen und kritischen Ideen auch in Estland auf das gleiche Niveau zu bringen.

Infolge des ersten Weltkriegs und der russischen Revolution wurde am 24. Februar 1918 die Estnische Republik erklärt. Am nachfolgenden Krieg für die Unabhängigkeit nahmen auch einige junge Künstler teil.

Am Anfang des zweiten Jahrzehntes des 20. Jahrhunderts setzten estnische Künstler ihre Reisen durch europäische Länder fort. Außer dem Symbolismus und dem nationalen Romantismus wurde die estnische Kunst insbesondere vom Expressionismus beeinflusst.

Ado Vabbe: Harlekin, 1924, Aquarell auf Papier, 38,5 x 27,3 cm, Tartu Art Museum, Bildsquelle: Egon Schiele Art Centrum Nach der Geburt der Estnischen Republik beteiligten sich viele Künstler aktiv an dem Aufbau des neuen Staates. Eines der größten Ereignisse unter ihren Aktivitäten war die Eröffnung der Kunstmittelschule in Tartu im Jahr 1919. Im Vorbereitungsprozess spielte der Verein der Schriftsteller und Kulturpersönlichkeiten Pallas die Hauptrolle. Auch die neue Kunstschule wurde Pallas genannt, damit sie an die antike Göttin Athena und auch an die Stadt Athen erinnerte, denn Tartu wurde oft Athen am Fluss Emajogi genannt. Zum ersten Schulleiter wurde Konrad Mägi und als Lehrer waren hier Ado Vabbe, Anton Starkopf, Nikolai Triik, Jaan Vahtra tätig. Tartu wurde so Hauptzentrum des künstlerischen Lebens. Die Schule bemühte sich vor allem die Prinzipien der Pariser Akademien nachzuahmen, wo kein Schulgeld verlangt wurde und wo der Hauptsinn der Arbeit das Kunstschaffen der Schüler war. Zu Beginn der zwanziger Jahre war in der Schule ein starker deutscher Einfluss zu spüren. Aus Deutschland wurden Georg Kind und Magnus Zeller als gastierende Kunstlehrer eingeladen. Auf der Ausstellung des Kunstvereins Pallas stellten auch Otto Dix, Natalie Gončarova und Michail Larjonov ihre Arbeiten aus.

Tiiu Talvistu
(Aus dem Begleitkatalog zur Ausstellung)

Die Ausstellung wird für die Öffentlichkeit
täglich vom 1.5. bis 5.11.2005 zwischen 10 und 18 Uhr zugänglich sein, voller Eintritt beträgt 180,- Kč (im Preis sind auch weitere Ausstellungen inbegriffen – Egon Schiele, Oskar Kokoschka, František Skála und Chun-Sen Yang),
markante Ermäßigungen möglich (für Gruppen, Studenten u.ä.)

Der Katalog zur Ausstellung ist in der tschechisch-deutsch-englischen Version herausgegeben (300 Seiten, 160 Abbildungen); für Journalisten steht er auf Wunsch frei zur Verfügung. Der offizielle Preis des Katalogs ist 500,- Kč, dank den Sponsoren werden jedoch die ersten 500 Stück für 250,- Kč pro Stück verkauft.

Auf Wiedersehen freut sich
das Team des Egon Schiele Art Centrums