Ein angenehmes einstöckiges Haus mit gelber Fassade in einem stillen Garten, daneben ein kleineres Haus mit grünen Fenstern. Mittlerweile verrät nur die Aufschrift Josef Seidel über dem Glasdach des Dachgeschossateliers, dass gerade dies das künftige Museum der berühmten Krumauer Fotografen ist. Das Museum, das bald der ganzen Welt zeigt, was für Geheimnisse und unschätzbaren Reichtum das Haus in der Linecká-Gasse in Český Krumlov bis vor kurzem verbarg.
Betreten Sie schon heute gemeinsam mit uns zuerst das kleinere ältere Haus, das künftige Hinterland des Museums Fotoatelier Seidel. Kaufen Sie eine Eintrittskarte und bevor Sie das benachbarte Fotoatelier betreten, genießen Sie etwas vom Seidel-Werk in der Kammergalerie. Vielleicht kommen Sie nach der Besichtigung hierher zurück, um eine oder andere Kopie der Fotografien von Josef oder Franz Seidel zu kaufen.
Nun lassen Sie sich durch das Haus mit Fotoatelier selbst führen und leben Sie sich gleich im Empfangsgeschäftsraum, der nach fotografischen Vorlagen und Erinnerungen der Zeitzeugen eingerichtet wurde, in die Rolle der Kunden hinein, die in der Zeit zwischen den zwei Weltkriegen hierher kamen. Nicht alle konnten in das Schlafzimmer und das kleine Wohnzimmer der letzten Hausbewohner, der Eheleute Maria und Franz Seidel hineinschauen, aber Sie haben jetzt die Gelegenheit. Das sämtliche Mobiliar ist ursprünglich und ging durch die Hände erfahrener Restauratoren.
Im ehemaligen Labor und Tageslichtkopierraum sehen Sie die heute nicht mehr bekannte Art der Fotografieherstellung. „Die Arbeit unter rotem Licht in der Dunkelkammer, das Kopieren, Entwickeln und Trocknen der Aufnahmen bringen erhaltene und instand gesetzte Geräte und Anlagen zur Herstellung von Fotografien und Ansichtskarten näher,“ sagt der Projektmanager Petr Hudičák.
Papierscheren, Presse, Handdrucker, Vergrößerungsapparate, Kopiergeräte, Poliermaschinen. „Die sämtliche Technik, die wir im Haus gefunden haben und die Bestandteil der Exposition ist, ist ursprünglich und funktionsfähig. Sie ging durch die Hände der tschechischen Handwerker, die gleich wie einst golden sind," ergeht der Direktor des Entwicklungsfonds von Český Krumlov, der das Museum verwaltet, Dipl.-Ing. Miroslav Reitinger in Lobesreden und setzt fort: „Zum Beispiel der Handdrucker zum Bedrucken von Rückseiten der Fotografien lebte wieder auf. Es ist völlig einzigartig, eine bis 80 Jahre alte Maschine wieder in Gang zu sehen.“
Ein Erlebnis in der Exposition ist auch der rekonstruierte Diaprojektor aus der Wende des 19. und 20. Jahrhunderts, der ursprüngliche Fotoreportagen aus dem 1. Weltkrieg anbietet. Aber da sind wir schon im Obergeschoss und gehen mit angehaltenem Atem durch den Vorraum des Ateliers und zwei Zimmer, die gleich wie beim Betrieb der Firma Fotoatelier Seidel eingerichtet sind.
Und dann kommt die Magie: wir betreten das Atelier mit Glasdach selbst. Am liebsten würden wir uns auf das Stühlchen setzen und uns mit einem gemalten Hintergrund hinter dem Rücken mit dem historischen Fotoapparat fotografieren lassen. Nichts Unmögliches – nach dem Eingriff der Restauratoren ist alles funktionsfähig, auch in den zwei anliegenden Dunkelkammern. Die Geräte wie das Vergrößerungsapparat für Glasplatten großer Formate, das Kopiergerät für Ansichtskarten, gleich wie die Kinofilmkamera dienen nach den vielen Jahren tadellos.
Die bearbeiteten Archive geben Dokumente und neue interessante Tatsachen ab, die sich verbinden und das Bild des Lebens des Ateliers und der Familie Seidel fertig gestalten. Wir sehen uns Personalausweise der Familienmitglieder, den Lehrbrief Josef Seidels, die Gewerbescheine, die Buchhaltung der Firma, die Korrespondenz an. Es fehlen nicht einmal Spielsachen, Lehrbücher und Zeugnisse.
Auch die Besichtigung des Dachbodens lohnt sich: hierher kehrten die Schachteln von den heute bereits digitalisierten Glasnegativen zurück. Sie sind hier mit der üblichen ,,Ausstattung“ eines Dachbodens benachbart – mit Skiern und Schlitten, einer Wäscheleine mit Klammern...
Was alles mehr als hunderttausend Negative verbargen, können im Voraus bestellte Laien sowie Fachleute im Keller erforschen – und zwar in einem Lese und přednáškové und Vortragssaal. Das Zentrum des tschechisch-österreichisch–deutschen Verständnisses hilft die gemeinsame Geschichte sowie die späteren bewegten Schicksale der getrennten Familien zu begreifen.