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Glöckelberg (Zvonková) – Austellung am Ort der Geschichte

Seit Mitte der neunziger Jahre zieht die kleine Kirche in Glöckelberg/Zvonková wieder viele (Rad-)Touristen an. Zuvor waren Ort und Kirche auf der Landkarte für Jahrzehnte ausradiert. Zwei Linzer - Horst Wondraschek und Othmar Hanke - haben der Kirche ihre Würde und dem Ort seine Geschichte zurückgegeben. Jetzt gibt es im Mesnerhaus eine neue Ausstellung.

Die Geschichte des kleinen Dorfes Glöckelberg/Zvonková unweit der österreichischen Grenze ist außergewöhnlich. Einst ab dem 17. Jahrhundert von deutschsprachigen Böhmen besiedelt, wurden nach 1945 die meisten Bewohner vertrieben. Doch auch die tschechischen „Nachbesitzer“ der Häuser konnten nicht lange bleiben, denn Glöckelberg fiel in die Sperrzone zwischen Eisernem Vorhang und österreichischer Grenze. In den fünfziger Jahren machten es die kommunistischen Planierraupen dem Erdboden gleich. Damit verschwand auch ein Stück Industriegeschichte des Böhmerwalds, da es in der Region einst Mühlen, Schmieden, Glashütten und Handwerksbetriebe gegeben hatte.

Glöckelberg (Zvonková) – Austellung am Ort der Geschichte, ehemailge Einwohner, Reprofoto: Othmar Hanke Glöckelberg (Zvonková) – Austellung am Ort der Geschichte, ehemailge Einwohner, Reprofoto: Othmar Hanke Glöckelberg (Zvonková) – Austellung am Ort der Geschichte, ehemailge Einwohner, Reprofoto: Othmar Hanke

Nach der Wende krempelte der Linzer Horst Wondraschek die Ärmel hoch und begann die Kirche von Glöckelberg mit Hilfe von Spenden der ehemaligen Bewohner wiederaufzubauen; seine Mutter stammte übrigens von hier: „Die Kirche war eine Ruine. Sie hatte zeitweise Soldaten als Turn- und Lagerhalle gedient. Alles war von Bäumen und Sträuchern zugewachsen und in der Wildnis kaum auffindbar.“

Mit Zustimmung von Bischof Miloslav Vlk erhielt das Vorhaben bald auch Unterstützung von tschechischer Seite. Wondraschek und seine zahlreichen Helfer rodeten das Gelände und renovierten den verfallenen Bau. Man lud den Linzer Künstler Josef Fischnaller († 2006) ein, neue Glasfenster und ein Kreuz für den Altar zu gestalten. Auch Grabsteine aus dem Gottesacker vor der Kirche tauchten auf und heute ist der Friedhof so ansehnlich geraten, dass sich ehemalige Glöckelberger wieder dort begraben lassen. Der Ort hat sich zum Geheimtipp unter Radtouristen entwickelt, die die unberührte Natur der einstigen Sperrzone erobern.

Glöckelberg (Zvonková) – Austellung am Ort der Geschichte, Foto: GfaT Glöckelberg (Zvonková) – Austellung am Ort der Geschichte, Foto: GfaT Glöckelberg (Zvonková) – Austellung am Ort der Geschichte, Gedenktafel, Foto: GfaT

Im ehemaligen Mesnerhaus der Kirche haben nun Horst Wondraschek und Othmar Hanke eine Ausstellung eingerichtet: „Ich will den Ort und seine Menschen vorstellen, die hier gelebt haben. Ideologische Kommentare sind völlig ausgeklammert, vor allem soll der Ort wirken“, sagt Hanke. Er hat einen beachtlichen Überblick aus historischen Fotografien - von den böhmischen Fotografen Josef Seidel und Josef Wolf (beide Krumau/Česky Krumlov) sowie dem Fotografen Mayer (Oberplan/Horní Plana) - zusammengestellt. Man entdeckt ausdrucksstarke Gesichter, vom Leben am Land in einer Zeit ohne Komfort geprägt. Es handelt sich um Szenen aus dem Alltag der Menschen, der sich wie von selbst erzählt. Denn was könnte man jungen Köchinnen, die stolz ihre Ergebnisse eines Kochkurses präsentieren, noch andichten? Auch Bilder von der Arbeit am Feld oder von der Fahrt mit dem Schlitten im Winter lassen in Leben blicken, die zwar entbehrungsreich verlaufen waren, zweifellos aber auch unbeschwerte Momente gekannt hatten.

Hanke wählte aber noch einen anderen Pfad, um sich der Vergangenheit des Ortes zu nähern: „Die Geschichte der Glocken der Kirche spiegelt ebenfalls das tragische Gestern dieses Landstrichs wieder.“ Bereits im Jahr 1876 wurden sie bei einem Brand der Kirche erstmals vernichtet. Während der beiden Weltkriege wurden zahlreiche Glocken beschlagnahmt, Glöckelberg erhielt „Kriegsanleihen“ als Gegenleistung. Ausgestellte Urkunden bezeugen diesen Kuhhandel mit dem Schicksal.

Glöckelberg (Zvonková) – Austellung am Ort der Geschichte, Gemainde, Foto: Josef Seidel Glöckelberg (Zvonková) – Austellung am Ort der Geschichte, Gemainde im Winter, Foto: Josef Seidel Glöckelberg (Zvonková) – Austellung am Ort der Geschichte, ehemailge Einwohner, Reprofoto: Othmar Hanke

Ein zweiter Teil der Ausstellung widmet sich Pater Engelmar, der von 1940 bis 1941 als Pfarrer von Glöckelberg gewirkt hatte und später im KZ-Dachau ermordet worden war. Ein weiterer Ausstellungsraum ist dem Prager Literaten Johannes Urzidil (1896-1970) vorbehalten.

Dieser Text erschien im Kulturbericht Oberösterreich 60. Jahrgang, Folge 9, September 2006. Weitere Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

Öffnungszeiten: Samstag und Sonntag 10-16 Uhr

Anfahrt aus Österreich: Von Ulrichsberg aus zum Grenzübergang Schöneben; hinter Grenzübergang Richtung Moldaustausee; links hinauf.

Anfahrt aus Tschechien: Mit der Fähre von Horní Plana über den Stausee; Richtung Grenzübergang Schöneben; rechts hinauf.

Elisabeth Vera Rathenböck
Elisabeth.Rathenboeck@utanet.at



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