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Das einzigartige Fotoatelier Seidel folgte eine weitere überraschende Entdeckung aus 

Das einzigartige Fotoatelier Seidel folgte eine weitere überraschende Entdeckung aus, 26.9.2006, Foto: Lubor Mrázek Die Rekonstruktion des Krumauer Fotoateliers Seidel begleiten viele unerwartete Funde. Die mittlerweile letzte und größte Überraschung brachte jedoch das vergangene Wochenende, als die Arbeiter während der Rekonstruktion des Hauses mit dem Fotoatelier in der Linecká-Gasse zufällig einen Raum unter dem Fußboden entdeckten, der weitere Hunderte von Negativen auf Glasplatten verbarg.

In dem Raum, wo früher das Labor war, das Seidels später in eine Küche umbauten, waren unter einer Betonschicht etwa tausend Glasplatten versteckt. „Beim ersten Stoß haben wir gar nicht geahnt, was sich unter dem Beton verbirgt, aber im Schnitt des Ausbruchs war es schon zu sehen, dass da Glasplatten sind. Von einigen sind nur Bruchstücke von Scherben übrig geblieben, einige hatten keine Emulsionsschicht mehr, aber viele von ihnen sind   fast unversehrt. Schätzungsweise sind dort eintausend bis eintausendfünfhundert Glasplatten untergebracht,“ schilderte Petr Hudičák, Manager des Projektes Fotoatelier Seidel, die „Detektivvermittlung“.

Die Negative sind auf einer Fläche von etwa einem Meter mal 1 Meter fünfzig untergebracht, an der Stelle, wo einst die Wanne zur Schlussspülung der Fotografien stand. Warum lagerten  Seidels einen Teil der Negative gerade unter dem Fußboden, der später mit Beton vergossen wurde, wenn sie alle übrigen Glasplatten sorgfältig evidierten und immer vorhanden hatten, bleibt unerklärt. Nach Petr Hudičák zeugt bisher nichts davon, dass die Aufnahmen einen irgendwie gefährlichen, kompromittierenden oder dehonestierenden Entwurf und Inhalt haben könnten: „Meistens handelt es sich um Porträts, Gruppenfotografien, Atelieraufnahmen von Hochzeiten und ähnlich. Obwohl auf einigen Glasplatten keine Emulsionsschicht mehr erhalten blieb, blieben auf ihnen die Nummern, unter denen Seidels Fotoatelier die einzelnen Aufträge evidierte.

Gerade dank den nummerierten Negativen und sorgfältigen Evidenzeinträgen, die Seidels bei jeder Fotografie führten, gelang es festzustellen, dass sich „im Versteck“ die Arbeiten vom Ende der 20er und Beginn der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts befinden. Das ist aber nur eine vorläufige Bestimmung nach einigen zufällig gewählten Glasplatten. Die Negative liegen nämlich unter einer Sand-, Staub- und Bauschuttschicht, sodass sie zuerst vorsichtig aufzuheben, zu trocknen, zu reinigen und erst dann einer Fachuntersuchung zu unterziehen sind.

Das einzigartige Fotoatelier Seidel folgte eine weitere überraschende Entdeckung aus, 26.9.2006, Foto: Lubor Mrázek

Mit der Datierung der Glasplatten halfen Petr Hudičák auch Poststempel auf den Umschlägen, in denen einige Negative eingepackt waren, und auch Zeitungen, mit denen die Glasplatten getrennt wurden. Die Frage indessen ist, wann und warum Seidels einen Teil ihres reichen fotografischen Nachlasses so aufbewahrt haben. Auch das wird Gegenstand der weiteren Erforschung. „Im Versteck haben wir eine tschechoslowakische Krone aus dem Jahr 1969 gefunden, sodass es klar ist, dass dieser Raum nicht vor diesem Jahr verschüttet wurde,“ bemerkte Hudičák.

Dem überraschenden, obwohl immer etwas geheimnisvollen Fund, legt auch der Direktor des Entwicklungsfonds von Český Krumlov Miroslav Reitinger großen Wert bei: „Unter anderem ist das ein weiteres Steinchen in das bunte Mosaik, das uns nach und nach die ganze umfangreiche und reiche Tätigkeit des Fotoateliers Seidel zeigt. Es ist eine weitere Entdeckung, die zur komplexen Erkenntnis des außergewöhnlichen Werks von Josef und Franz Seidel beiträgt.“

Das einzigartige Fotoatelier Seidel folgte eine weitere überraschende Entdeckung aus, 26.9.2006, Foto: Lubor Mrázek

Der Entwicklungsfonds von Český Krumlov, GmbH, erwarb das Haus mit dem Fotoatelier der Familie Seidel in seinen Besitz im Frühling 2005. Im Haus blieben an die hunderttausend Glasplatten und Zelluloidnegative erhalten, die eine treue Bildchronik des Böhmerwaldes sowie des normalen Lebens im Grenzgebiet im vergangenen Jahrhundert darstellen. Erhalten blieb auch die ursprüngliche Ausstattung des Hauses und vor allem des Fotoateliers mit vielen zeitgenössischen Geräten, Hilfsmitteln und Dekorationen. Bis 2008 sollte das Fotoatelier Seidel mit Hilfe der Mittel von den Fonds der Europäischen Union zu einem einzigartigen Museum und später auch Zentrum der tschechisch – österreichisch – deutschen Verständigung werden.


Weiter Informationen:



Flagge der Europäischen Union     Das Projekt "Museum Fotoatelier Seidel Český Krumlov 1. - 3. Etappe“ wird vom Programm der Europäischen Union Interreg IIIA mitfinanziert.